Heldenzeit 1925 – 1938
Fast drei Jahre sollten vergehen, ehe sich seitens Gralis wieder etwas Leben rührte. Im Feber 1925 traten alte Herren der Verbindung an die K.D.St.V. Karantania heran, ob diese nicht bei der Reaktivierung behilflich sein wollen. Da es Karantania in diesen Tagen ausgesprochen gut ging, beschloss am 20.2.1925 ein sogenannter ad hoc-BC Gral zu reaktivieren. Am 28.2.1925 trafen sich Karantanen und der Philistersenior Gralis zu einem VPV Convent, um die näheren Modalitäten der Reaktivierung auszuhandeln.
Diese lauteten:
Gral wird mit den alten Statuten wieder ins Leben gerufen. Ausgenommen der Punkte, welche Gral als Seminarverbindung hatte.
Gral tritt in alle Rechte als VPV Verbindung ein.
Gral verbindet mit Karantania eine enge Freundschaft.
Karantania verpflichtet sich, die beiden Burschen Mikosch und Jerko als Grundstock für die neue Gral zu überlassen.
Karantania verpflichtet sich, einige Füchse der Gral zu überlassen.
Die Karantenfüchse treten als Gralburschen auf und werden bei Gral Urphilister.
Karantania und Gral feiern gemeinsam den Schlusskommers, bei welchem jeweils die Präsidien wechseln.
Karantania und Gral verpflichten sich, die Kneipen gegenseitig möglichst häufig zu besuchen.
Alle diese Punkte wurden auf dem Karantanen-BC einstimmig gefasst. Federführend bei den Verhandlungen zwischen den Verbindungen waren der Philistersenior Gralis Martin Fuchs van Kettel v. Iwein und der Senior Karantaniae Ferdinand Graf.
Am 7.3.1925 war es schließlich soweit und Gral wurde offiziell reaktiviert. An diesem Tag wurden die Karantanenburschen Hubert Mikosch v. Baldur und Heribert Jerko v. Perkeo sowie die beiden Brandfüchse Karl Roßbacher v. Ither und Franz Titze v. Lohengrin an Gral überstellt. Auf Seiten der Altherrenschaft Gralis, die an der Reaktivierung maßgeblich mithalf, stand Phx Martin Fuchs van Kettel v. Iwein. An diesem Tag wurde auch Hubert Mikosch v. Baldur zum Reaktivierungssenior gewählt.
Auch der VPV, dem Gral auch in der Zeit der Sistierung weiterhin angehörte, akzeptierte bereits am 12.3.1925 auf der Verbandszentralensitzung die Reaktivierung Gralis. Im April 1925 wurde das Obermaterial der Mützen von weißer Seide auf weißen Samt geändert. Der feierliche Wiedergründungskommers stieg am 23.5.1925. Bei diesem Kommers wurden LHStv. Silvester Leer und dem Priesterseminaristen Jakob Obersteiner, einem Jahrgangskollegen von Gartner, Fuchs van Kettel und Pirker das Gralband verliehen. Auf diesem Festkommers kam es auch zur Reception von Josef Schluddermann v. Gamuret. Die Festrede zu diesem feierlichen Ereignis wurde von Jakob Obersteiner gehalten, der mit flammenden Worten den jungen Gralrittern ihre Prinzipien näher brachte
Das Verbindungsleben ging nun mit großen Schritten voran, sodass die Verbindung zu einem neuen Aufschwung kam. So kam es am Ende des Semesters, am 12.7.1925, zu einem Generationswechsel. Die alten Gralgründer Martin Fuchs van Kettel v. Iwein, Adam Gartner v. Illenot und Franz Pirker feierten ihre Primiz und wurden in die verschiedenen Pfarren Kärntens entsandt. Am Ende des 1. Verbindungssemesters seit der Reaktivierung bestand Gral aus 20 Urphilistern, 1 Ehrenphilister, 3 Ehrenmitgliedern, 1 Ehrenbursch, 5 Burschen, 2 Füchsen und 1 Conkneipanten, zusammen also 33 Gralritter.
Das WS 1925/26 bestätigte den Aufwärtstrend. Zum neuen Phx wurde Leonhard Schilcher v. Wolfhart im Dezember gewählt. Am 26.12. 1925 wurde dem Phx Karantaniae Josef Sagaischek v. Egfried sowie Dr. Ebernigg das Gralband verliehen. Auch auf Seiten der Aktiven kam es zu einem Aufschwung, sodass die Verbindung bereits auf 12 Füchse verweisen konnte. Mit 1.1.1926 trat der Reaktivierungssenior Hubert Mikosch v. Baldur aus Gral aus und kehrte zur Karantania zurück. Die näheren Umstände dieses Wechsels sind leider nicht mehr bekannt.
Im SS 1926 wurde Heribert Jerko v. Perkeo zum Senior gewählt. Am 4.2.1926 wurde die Semesterantrittskneipe geschlagen, in deren Rahmen 3 Füchse recipiert wurden. Die nächste Kneipe gab es am 19.3.1926, bei der es zu Branderungen und einer Reception kam. Gral war aber nicht nur eine Verbindung die nur ihre eigenen Veranstaltungen besuchte, es gab auch mannigfaltig auswärtige Kontakte. So wurde am 10.4.1926 der Publikationskommers der K.D.St.V. Nibelungia zu Villach, in deren Rahmen der VPV Kärnten gegründet wurde, besucht. Anfang Mai nahm Gral auch am 17. Stiftungsfest der K.D.St.V. Gothia zu Klagenfurt teil. Ende Juni 1926 besuchen Gralritter die Semesterabschlusskneipe der Tauriskia Villach und werden wegen Randalierens festgenommen und zu S 300,– Strafe bedingt auf 2 Jahre verurteilt. Ende des SS 1926 besteht die Verbindung aus 23 UP, 6 EP, 2 EM, 4 Burschen und 9 Füchsen, zusammen also 45 Gralrittern. Mitten in den Ferien vom 31.7. auf 1.8.1926 besucht Gral das 6. Stiftungsfest der K.D.St.V. Nibelungia zu Knittelfeld, einer Verbindung, zu der Gral traditionellerweise gute Kontakte hatte, und noch haben sollte. Im Rahmen dieses Stiftungsfestes beschlossen die Verbindungen Gothia, Gral und Karantania aus Klagenfurt sowie Guelfia Graz, Lützow Leoben und Nibelungia Knittelfeld ein Freundschaftskartell.
Den Höhepunkt im Jahre 1926 setzte aber der 8. Verbandstag des VPV in Klagenfurt vom 2.9.-5.9.1926. An dieser Veranstaltung, die Ferdinand Graf als Vorortspräsident der Karantania vorbildlich organisierte, nahmen drei Chargierte und 7 Farbträger teil. Im November 1926 wurde Heinrich Schiefermayer zum Phx gewählt, das 7. Stiftungsfest schlug Hermann Wunder v. Parzifal am 13.11.1926.
Vom SS 1927 weiß der Chronist nur wenig zu berichten. Am 7.5.1927 besuchte Gral das 2. Stiftungsfest der Nibelungia Villach und am 1.7.1927 waren Gralritter Paten bei der Gründung der K.D.B. Spanheim zu Klagenfurt. Auch über das WS 1927/28 sowie über das SS 1928 schweigen die Quellen.
Am 22.9.1928 schlägt Senior Heribert Jerko v. Perkeo im Gasthaus „Wassertheurer“ die Semesterantrittskneipe. Am 13.10.1928 feierte die Verbindung im Gasthaus „Goldener Brunnen“ das 9. Stiftungsfest. Aber auch ernsten Seiten widmete sich die Verbindung. So gab es in diesem Semester eine Reihe von Ortsverbandssitzungen, die auf der Bude der Verbindung abgehalten wurden. Gral war zu einer geachteten Verbindung in Kärnten geworden.
In den nächsten Jahren konnte der Aufwärtstrend in der Verbindung weiter fortgesetzt werden, und verfolgt man die Spur, die Gral in diesen Jahren setzte, so tauchen, was die Kneiporte anbelangt, immer die gleichen Namen auf. Generell wurden die Kneipen fast ausschließlich in Gasthäusern gehalten, zumindest die größeren. Genannt werden hier die bereits erwähnten Gasthäuser „Wassertheurer“ (heutiges Gasthaus „Pumpe“) in der Lidmannskygasse 2, sowie das Gasthaus „Goldener Brunnen“ (heute Hotel Goldener Brunnen in der Lidmannskygasse 8). Zwei weitere gerne frequentierte Gasthöfe waren das Hotel „Schwarzer Adler“ (Ecke Adlergasse/8. Mai Straße, heute Haus der Bauern) sowie das Gasthaus „Roth“ in der Pfarrgasse 6 (heute Pfarrhofgasse 6). Somit liegt der Schluss nahe, dass die damalige Bude, deren Ort sich bis jetzt nicht festlegen ließ, zu klein für größere Kneipen war. Auch dies sollte in Zukunft noch öfters vorkommen.
Wie gut die Verbindung in diesen Jahren am personellen Sektor war zeigt die Tatsache, daß die Senioren jedes Semester wechselten.
Am 5.11.1929 kam es wieder zu einer Verbandsgründung. Der gemeinsame Verband geriet immer stärker in eine Krise, die wohl durch das Gründen von Landesverbänden ausgelöst wurde. Am 5.11.1929 wurde der Gauverband gegründet. Dieser Verband löste den eher losen VPV Kärnten ab. Natürlich war Gral von Anfang an in diesem Verband, hielt aber wie die anderen Kärntner Verbindungen bis zum Ende des VPV an diesem fest.
Über das Verbindungsleben der Jahre 1929 bis 1938 ist zu berichten, dass es zu dem üblichen Ablauf von Kneipen und Stiftungsfesten gekommen ist. Am 11.5.1932 benannte sich der Gauverband Kärnten in den Kärntner Mittelschülerverband (KMV) um.
Am Katholikentag des Jahres 1933, am 9. September, kam es zur Gründung eines Verbandes, dem Gral bis heute noch angehört. Und zwar des Verbandes Katholisch deutscher farbentragender Mittelschulverbindungen (VMK), der sich seit 28.6.1935 Mittelschülerkartellverband (MKV) nennt. Anfänglich gehörtem diesen Verband nur Karantania an. Nach einer sehr begeisternden Rede des Verbandsgründers und Vorortspräsidenten Jaro Sterbik-Lamina v. Dr. Totila entschlossen sich auch die Kärntner Verbindungen Gral Klagenfurt, Gothia Klagenfurt, Nibelungia Klagenfurt, Spanheim Klagenfurt, Nibelungia Villach und Tauriskia Villach sowie Sponheim St. Paul am 20.5.1934 gemeinsam dem neuen Verband beizutreten.
Erstmals in der Geschichte der Verbindung wurde ein Gralritter in eine führende Position im KMV gewählt. Wilhelm Auinger v. Alarich zeichnete als Landesverbandsvorsitzender und Hans Moser als Schriftführer verantwortlich. Bis zum Untergang Österreichs 1938 sollte ein weiterer Gralritter, Dr. Thomas Weiß v. Siegfried die Geschicke des KMV als Vorsitzender leiten.
Das sich das Klima der 1. Republik in den dreißiger Jahren änderte, spürten auch die Bundesbrüder. So kam es immer wieder zu Prügeleien zwischen illegalen Nazis und katholischen Couleurstudenten wie dem Verfasser von Hans Moser v. Totila berichtet wurde. Das von der Regierung von oben verordnete Österreichbewusstsein war für die Gralritter jener Tage kein besonderes Thema, man praktizierte es. So verwundert es auch nicht, daß – als Schuschnig seine Worte am 11.3.1938 sprach – „Gott schütze Österreich“, viele Gralritter und andere MKV’er für die Werbung zur Volksabstimmung unterwegs waren. Einige MKV’er waren zu diesem Zeitpunkt in Völkermarkt. Als sie die Worte Schuschnigs vernahmen, kehrten sie um. Alois Kaufmann v. Dr. cer. Loki berichtet in „1938 – Kartellbrüder erinnern sich“, daß bereits der „braune Mop“ die Straßen regierte und am Neuen Platz feierten. Tags darauf wollte er sein Fahrrad von der Gralbude, wo es untergestellt war, abholen – die Bude befand sich damals im bischöflichen Palais, da wo heute das Diözesanarchiv untergebracht ist – und sah, wie die Hitlerjugend Schriftstücke verbrannte und das Inventar beschlagnahmen sollte. Die dunkelste Epoche österreichischer Geschichte war angebrochen. Natürlich passten katholische Verbindungen nicht in das Bild der neuen Machthaber. So löste die Stapo am 29.7.1938 die Gral auf und am 4.8.1938 wurde Gral aus dem Vereinskataster gelöscht. Die Verbindung hörte auf zu existieren.
Während der Naziherrschaft in Österreich waren viele katholische Couleurstudenten dem Terror des Regimes ausgesetzt. Auch Gralritter waren davon betroffen. In der Nacht vom 11. auf 12.3.1938 wurden Silvester Leer, der Generalverwalter der Fürsorge des Landes Kärnten und ehemalige LHStv. sowie der Phx der Verbindung und Vorsitzende des KMV Dr. Thomas Weiß v. Siegfried verhaftet. Am 12.7.1938 wird der Gralritter Herbert Hengl v. Welf als Mitglied der sogenannten „Krumplbande“ (benannt nach Karl Krumpl, EM der MKV-Verbindung Nibelungia Klagenfurt) verhaftet. Einer Anklage entzieht er sich nur, als er sich als Freiwilliger für 1 Jahr zur Wehrmacht meldet. Ins KZ eingeliefert wurde BP Dr. Hans Richter v. Alarich (KTK). Dienstentlassen und unter Hausarrest wird im März 1938 der Pfarrer von St. Margareten im Lavanttal und Gralritter Leonhard Schilcher v. Wolfhart. Wie viele Opfer der 2. Weltkrieg unter den Gralrittern forderte, kann bis heute nicht gesagt werden. Jedenfalls wurden die BbrBbr. in alle Winde verstreut, sodass ein Wiederauffinden der Gralritter nach dem Weltkrieg nur in den wenigsten Fällen gelang. An die Stärke der Verbindung vor dem Krieg sollte man so schnell nicht wieder anknüpfen können.